Herr Keller, welchen Eindruck hatten Sie von Hyundai, bevor Sie im Jahr 2019 eingestiegen sind?
Vor Hyundai war ich sehr lange für Opel tätig, ich galt dort schon als Urgestein. Daher habe ich auf Hyundai immer durch die Brille eines deutschen Herstellers geblickt. Und wenn ich ehrlich bin, war dieser Blick ein wenig überheblich. Ich dachte, dass ein deutscher Automobilhersteller von einem asiatischen Importeur nichts zu befürchten hatte. Diese Sicht hat sich verändert. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als mir zum ersten Mal der Gedanke kam: Es kann doch nicht wahr sein, dass die uns überholt haben! Und das in einem Produktsegment, in dem ich nicht mit Hyundai gerechnet hatte.
Inwiefern änderte sich daraufhin Ihre Wahrnehmung der Marke?
Mir fiel auf, dass die Autos von Hyundai im Straßenbild viel präsenter sind, als ich erwartet hatte. Anfang der 1990er-Jahre, als das Unternehmen gerade seine ersten Schritte in Deutschland ging, gab es hierzulande einen Fahrzeugbestand von 2.900 Hyundai Fahrzeugen. Eine solche Menge fällt nicht auf. Inzwischen haben wir in Deutschland mehr als 1,3 Millionen Fahrzeuge auf den Straßen. Das fällt sehr wohl auf – und hat auch bei mir Eindruck gemacht.
Wie schätzen Sie das Image von Hyundai als Marke auf dem deutschen Markt ein?
Die Marke hat einen eher unaufgeregten Auftritt. Und das meine ich im positiven Sinn. Hyundai ist auf keinen Fall überheblich oder angeberisch. Die Marke hat sogar die Tendenz, ein wenig zu zurückhaltend und zu leise zu agieren. Für uns Deutsche ist das nicht unbedingt etwas Schlechtes ...
Das klingt nach einem Aber ...
Ja, aber ... dieses subtile Auftreten führt dazu, dass das enorme technologische Know-How und die extreme Stärke bei alternativen Antrieben in der Vergangenheit nicht genügend Aufmerksamkeit erhalten haben. Und das möchte ich ändern. Mein Vorsatz für die Zukunft ist es, dies aktiver und selbstbewusster zu kommunizieren.
Welche Dinge möchten Sie noch verändern – und welche Traditionen gern fortführen?
Als ich bei Hyundai angefangen habe, war es nicht mein Ansatz, alles zu verändern, nur damit andere merken, dass jetzt ein neuer Geschäftsführer da ist. Das hätte auch nicht zu meinem Charakter gepasst. Ich schaue mir die Dinge erst einmal an, versuche sie zu verstehen. Und dann steige ich mit den verschiedenen Teams in Diskussionen ein und entscheide, was ich anpacken und verbessern kann. Das heißt übrigens nicht, dass ich nicht auch schnell Dinge gesehen hätte, die ich gern ändern wollte. Dazu gehört, wie bereits erwähnt, der Auftritt der Marke.